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Die Goldfalle
Derzeit lieferbar (Unionsverlag)
Aus dem Klappentext der deutschen Erstausgabe: Nowikow, sowjetischer Fachmann für Satellitenfotografie, mußte schrecklich sterben, weil Brunel, Fachmann für peinliche Verhöre, ihm das Geheimnis, das er in den Westen geschmuggelt hatte, nicht entriß. Als Modesty Blaise in der Nähe des Victoriasees notlandet und auf Nowikows Spuren stößt, weiß sie nicht, daß der Missionsarzt Giles Pennyfeather, der Nowikow begraben hat, den Schlüssel zum Geheimnis der Goldfalle besitzt.
Modesty sagte ausdruckslos: "Sie erwarten also, dass wir Dr. Pennyfeather in eine Partnerschaft mit Ihnen einbringen? Und Ihnen dann helfen, ihn zu foltern, um sein Gedächtnis anzuregen? Sehe ich das richtig?" Brunel dachte nach. "Ich bin nicht sicher, ob wir schmerzhafte Methoden anwenden müssten. Aber ja, letzten Endes könnte es notwendig sein. Macht Ihnen das Sorgen?" Er klang leicht überrascht. Modesty sah Willie an, dann wieder Brunel. Sie meinte: "Ich will es mal so ausdrücken: Wenn ich Chance und Muktar noch einmal in Dr. Pennyfeathers Nähe sehe, wenn sie ihn auch nur anzurühren versuchen, dann bringe ich sie diesmal um. Und anschließend Sie. Das ist ein Versprechen." Willie Garvin fügte hinzu: "Das unterschreibe ich hundertprozentig." Der zwergenhafte Mann klopfte sanft die Fingerspitzen zusammen. "Ich fürchte, ich bin unter einem falschen Eindruck hierher gekommen, sagte er schließlich. "Ich dachte, Sie wären im gleichen Geschäft tätig wie ich, im Großen und Ganzen gesehen." "Im Großen und Ganzen waren wir das einmal", erwiderte Modesty. "Aber selbst damals gab es einen Unterschied. Wenn uns Leute wie Sie über den Weg gelaufen sind, haben wir sie ausgelöscht, Brunel." "Ich kann Ihnen nur schwer folgen, aber das ist unwichtig. Darf ich Sie so verstehen, dass Sie mein Angebot rundweg ablehnen?" "Das habe ich von Anfang an." "Und die Aussicht auf enorme zukünftige Gewinne kann Sie nicht in Versuchung führen?" Sie sagte nachdenklich: "Ich bin lediglich in Versuchung, Sie hier und jetzt zu erledigen. Eigentlich sollte ich es tun." Sie musterte ihn mehrere Sekunden lang schweigend, dann drückte sie auf einen Klingelknopf an der Wand. "Sie gehen jetzt besser."
* * *
Giles erschien zögernd in dem Durchgang, der zu Modestys Arbeitszimmer führte, spähte um die Ecke und sagte: "Ist er weg? Mein Gott, der hat mir überhaupt nicht gefallen, wisst ihr?" "Du hast ihn gesehen?" Modesty nahm ihr Weinglas und brachte es Giles. Willie schenkte ihr ein neues ein. "Ja, ehrlich gesagt schon. Ich war ziemlich neugierig, versteht ihr, also bin ich den Gang lang geschlichen und habe ums Eck gelugt. Aber auf allen Vieren, damit mein Gesicht ganz am Boden war. Ich war ziemlich sicher, dass er mich nicht sehen würde. Und als er dann aufstand, um zu gehen, bin ich wieselflink zurückgehuscht, sozusagen." "Du bist ein gerissener kleiner Medizinmann", meinte Willie. "Ja, nicht wahr?" Pennyfeather trank sein Weinglas halb leer und überlegte einen Moment lang. "Wie der über das Foltern von Menschen geredet hat, war einfach widerlich." Modesty sagte: "Speziell dich zu foltern, Liebling." "Na gut, mich. Aber darauf kommt es nicht an. Ehrlich gesagt, ich hoffte die ganze Zeit, du würdest ihn erschießen. Das wünschte ich immer noch." Pennyfeather nickte langsam, mit einem Anflug von Bedauern. "Normalerweise wünsche ich niemandem was Böses, aber so ein Kerl ist mir noch nie begegnet. Du hättest den Mistkerl abservieren sollen, weißt du?" Willie sagte ernsthaft: "Es ist immer ein Problem, die Leiche loszuwerden." "Mhm, schon möglich." Pennyfeather nickte tadelnd. "Aber ihr hättet ja mich gehabt." Modesty sah Willie fragend an, doch der zuckte verblüfft die Achseln. Sie fragte: "Was hat das denn damit zu tun, Giles?" "Na, schließlich bin ich Arzt. Ich hätte ihn in der Badewanne für euch zerlegen können oder sowas." Willie Garvin verschluckte sich an seinem Wein, prustete ihn in einem feinen Nebel wieder heraus. Er hieb sich auf den Brustkorb und stolperte hustend und sich entschuldigend auf und ab. Modesty setzte sich hin und starrte Pennyfeather benommen an. Ihre Hand zitterte so sehr von unterdrücktem Gelächter, dass sie das Glas abstellen musste. Sie sagte: "Giles … machst du Witze?" "Hä? Nein, natürlich nicht. Darüber macht man keine Witze." "Aber …" Sie machte eine hilflose Geste. "Na ja, mein Gott, eine Leiche ist bloß eine Leiche. Es würde mir überhaupt nicht gefallen, wenn ihr in Schwierigkeiten kommt, weil ihr so ein widerliches Schwein abserviert. Das wäre ein Dienst an der Allgemeinheit, wenn ihr mich fragt." Mit Tränen in den Augen und immer noch ein wenig keuchend krächzte Willie: "Wir hätten ihn durchs Klo spülen können. Du bist hinreißend, Giles. Im Ernst, Kumpel. Ich schwöre bei Gott, du bist hinreißend." "Eins weiß ich sicher", meinte Pennyfeather mit feierlicher Überzeugung. "Lacht nur, aber der Bursche ist so schlecht, dass er gefährlich ist. Brunel, meine ich. Sowas merke ich, wisst ihr?"
Eine Besprechung der aktuellen Ausgabe des Unionsverlags finden Sie bei Highlightzone
Peter O´Donnell, The Impossible Virgin, 1971
Übersetzung: Peter Friedrich
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